Tod von Kobe Bryant: Die USA trauern um den verkörperten Traum (2024)

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Tod von Kobe Bryant: Die USA trauern um den verkörperten Traum (1)

Das Staples Center war Kobe Bryants Heimat. In der Arena in Downtown Los Angeles spielte er bis zum Schluss für die Lakers. Seine Fotos hängen auf den Gängen und seine Trikots, die mit den Nummern 8 und 24, die nicht mehr vergeben werden, hoch oben unterm Dach.

Am Sonntag wurde die Halle zum Schrein für den Basketball-Superstar. Draußen scharten sich Tausende Fans um spontane Memorials aus Kerzen, Blumen und Fotos, so wie sie 2009 an dieser Stelle um Michael Jackson getrauert hatten. Auf die Fassade des Staples Center war Bryants Konterfei proji*ziert, mit seinem berühmten breiten Grinsen: "In liebendem Andenken."

Drinnen fand abends die Grammy-Verleihung statt, lange geplant. "Wir stehen gebrochenen Herzens in dem Haus, das Kobe erbaut hat", sagte die Sängerin Alicia Keys zur Eröffnung vor einem VIP-Publikum aus Musik- und Entertainmentgrößen. "Los Angeles, Amerika und die ganze Welt haben einen Helden verloren."

Ähnliche Worte sind überall zu hören. Aber es sind mehr als die üblichen, leeren Elogen, die nach tragischen Todesfällen die Verstorbenen in Lichtgestalten verwandeln. Die Trauer um Bryant, die das ganze Land erfasst hat, offenbart auch, dass es doch noch etwas gibt, was in Zeiten politischer Polarisierung vereinen kann.

Bryant, seine 13-jährige Tochter Gianna und sieben weitere Personen kamen bei einem Hubschrauberabsturz bei Los Angeles um. Er war nicht nur eine NBA-Legende, ein Megatalent und verbissener Arbeiter, ein Vorbild für Millionen, ein Geschäftsmann, der nach der "Pensionierung" erst so richtig loslegte. Er war vor allem auch ein kontroverser, widersprüchlicher Mann - arrogant und liebenswert, egozentrisch und freizügig. Einer, der die ganze Komplexität des Mythos American Dream verkörperte.

Sein schockierender Tod vereint für einige Momente Alte und Junge, Rechte und Linke, Sportler und Stubenhocker. Fast zur selben Zeit starrten die Amerikaner auf ihre Handys, zu Hause und unterwegs, von der Westküste zur Ostküste, von Utah bis Florida.

Dass Bryants zweitälteste Tochter mit unter den Opfern war, machte die Nachrichten umso unfassbarer. Selbst eine begeisterte Basketballspielerin, sollte "Gigi" sein Erbe fortführen, hat er oft gesagt. Ein Video von Ende Dezember, das zeigt, wie er sie am Rande des Courts coacht, hatte am Abend fast 106 Millionen Klicks.

Donald Trump - den Bryant 2017 im Streit um die Football-Proteste schonungslos kritisiert hatte - unterbrach seine Wut-Tweets übers Impeachment für eine einfühlsame Kondolenzbotschaft. Vorgänger Barack Obama beklagte die "herzzerreißende Nachricht", die ihn vor allem als Vater schmerze. "Es zeigt, dass man jeden Tag zu schätzen wissen sollte", sagte der Demokraten-Kandidat Joe Biden in Iowa, wo nächste Woche die US-Vorwahlen beginnen.

Der Schmerz war natürlich am stärksten bei der NBA zu spüren. Die Umkleidekabinen aller Teams waren am Sonntag für Reporter gesperrt, die Spiele begannen mit Tränen, Schweigeminuten und "Kobe"-Rufen.

"Es ist surreal", sagte LeBron James, der Bryant erst tags zuvor in der Liste der erfolgreichsten Scorer der NBA-Geschichte von Platz drei verdrängt hatte. "Viel Respekt, mein Bruder", hatte Bryant ihm noch zugerufen, es war sein letzter Tweet.

"Für viele war Bryant eine Figur, die alles überstrahlte", schreiben die Sportreporter Rick Maese und Cindy Boren ("Washington Post"). Sein eiskaltes NBA-Image wurde konterkariert von Gesten der Güte. Er überraschte Fans in TV-Talkshows und erfüllte einem todkranken Kind den letzten Wunsch, als er mit ihm drei Stunden lang im Krankenhaus Videogames spielte.

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Aber auch seine dunkelste Stunde kochte jetzt wieder hoch. 2003 beschuldigte ihn eine 19-Jährige, sie vergewaltigt zu haben. "Es bleibt eines der verstörendsten Beispiele, wie Macht, Prominenz und Geld auf Vergewaltigungsopfer einprasseln können", schreibt der Sportkolumnist Will Leitch ("New York Magazine").

Bryants Anwälte zogen die Frau durch den Schmutz. Ein Jahr später ließ sie die Strafanzeige fallen und willigte in eine außergerichtliche Einigung ein, im Gegenzug für eine Entschuldigung Bryants. "Ich glaube wirklich, dass diese Begegnung einvernehmlich war", erklärte der, "aber ich sehe nun ein, dass sie diesen Vorfall nicht so sah und so sieht, wie ich es tue."

Danach begann sich Bryant "Black Mamba" zu nennen, wie die Giftschlange. Ein Symbol für seinen Killerinstinkt auf dem Court - aber auch, wie er später zugab, eine Art psychologische Rüstung gegen die privaten Dämonen.

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Doch selbst in der #MeToo-Ära ist es für manche pietätlos, gerade jetzt daran zu erinnern. Als Felicia Sonmez, eine Reporterin der "Washington Post", am Sonntag einen alten Artikel über den Skandal postete, bekam sie nach eigenen Worten Tausende Morddrohungen - und wenig Sympathie, als sie sich darüber beklagte und den Tweet löschte.

Nach seiner NBA-Karriere begnügte sich Bryant nicht mit lukrativen Werbeverträgen. Er gründete eine Marketing-Firma, eine Investmentfirma, ein Basketball-Programm in China, eine Schule für Nachwuchssportler, die Mamba Sports Academy bei Los Angeles. Die nun Verunglückten waren auf dem Weg dorthin gewesen und nur wenige Minuten vom Ziel entfernt.

Bryant schrieb für die Seite "The Players Tribune" ein Gedicht über Basketball und verwandelte das dann gemeinsam mit dem Regisseur Glen Keane in einen Zeichentrick-Kurzfilm. "Dear Basketball" gewann 2018 einen Oscar. "Wie alle großen Künstler strafte Kobe seine Kritiker Lügen", schrieb die Academy of Motion Picture Arts and Sciences am Sonntag. "Ruhe in Frieden."

Bryants Tod traf seine Heimatstadt besonders schwer. Bill Plaschke, der ihn als Sportkolumnist der "Los Angeles Times" jahrelang begleitet hatte, erinnerte sich am Sonntag an sein letztes Telefonat mit ihm. "Ich spüre eine solche Anerkennung", habe Bryant über Los Angeles gesagt. "Ich kann der Stadt nie zurückzahlen, was sie mir gegeben hat."

"Man hat ihm dabei zugeschaut, wie er aufwuchs", beschrieb Plaschke die Trauer der "Angelitos". "Selbst mit all seinen Verfehlungen abseits des Courts hatten viele Leute das Gefühl, als trügen sie ein kleines Stück von ihm."

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